Sie waren ganz normale, einfache aber unbeugsame Menschen: Hausfrauen, Arbeiter, Arbeitslose - neun Geschwister aus Frankfurt-Höchst.
Sie widerstanden den Nazis, ließen sich nicht vom braunen Alltag einfangen - und zahlten ihren Preis dafür:Hausdurchsuchungen, Erzwingungshaft, Flucht nach Spanien, Zuchthaus, KZ, Moor.
Schon früh war mein Urgroßvater Karl Friedrich Schuhmann politisch aktiv. So gelang in den 80er Jahren der Nachweis, dass er bereits 1900 als eines der ersten Mitglieder in die Höchster SPD eintrat und den örtlichen Chemiearbeiterverband mitbegründete. Später wurde er vermutlich KPD-Mitglied und Ende der 20er Jahre war er Leiter des Roten Frontkämpferbundes in Höchst (siehe Fotoseite).
Der Sohn Karl Schuhmann (links mit Sohn), geboren 1900 in Höchst, war ebenfalls früh politisch aktiv und blieb es bis 1956 (KPD-Verbot). Zwischen 1960 und 70 hielt er seine Erinnerungen handschriftlich fest. Ausführlich schildert er seine Jugend in der Kaiserzeit, die Zeit nach dem ersten Weltkrieg, seine Zeit im Zuchthaus Dietz und im KZ Dachau, seine Befreiung und die Nachkriegszeit. Einige interessante Auszüge ergänzen den Vortrag.
Friedrich „Fritz“ Schuhmann, Jahrgang 1906, floh 1933 ins Saargebiet und 1936 nach Spanien. Er kämpfte und starb im Julin 1937 in Brunete bei madrid für die demokratische spanische Republik. Sein Schicksal konnte von mir erst 2005 weitgehend aufgeklärt werden.
Meine Großmutter Hilde (Mathilde) Scheider (1902-1994) war eine geborene Schuhmann. Sie und ihre Geschwister bildeten zeitlebens eine enge verschworene Gemeinschaft mit meiner Großmutter als älteste Schwester im Mittelpunkt.
Die Eltern legten Wert auf eine freigeistige Erziehung. Die jüngeren Geschwister wurden nicht mehr getauft, die älteren traten in den 20er Jahren aus der Kirche aus. Seitdem spielt Kirche und Religion in der Familie so gut wie keine Rolle mehr.
Karl, geb. 1900, erhielt 5 Jahre Zuchthaus, musste anschließend ins Moor und dann bis Mai 45 nach Dachau. Nach 1945 Kandidat der KPD in Hofheim.
Frieda, geb. 1913 heiratete Josef Stein, der 1 1/2 Jahre wegen Hochverrat im Zuchthaus saß und ins Strafbataillon 999 eingezogen wurde. Er fiel in der UdSSR.
Karl Schuhmann notierte in den 60er Jahren seine Erinnerungen an Jugend und Verfolgung. Auszüge davon finden Sie auf einer extra Seite.